Zwischen Abschied und Zukunft – Unser Besuch in Mashati
von Heribert Arndt
Im Rahmen ihres Studiums lernte unsere Tochter Caroline Jankowski mit ihrer Kommilitonin Theresia Hering über unsere frühere Nachbarin Susana Nyasani im Jahre 2013 den Stephen in Tanzania kennen. Marianne leitete zu der Zeit die katholische Jugendarbeit in Buchheim und bat die Caroline für eine Jugendaktivität in Tanzania Kontakte zu knüpfen.
Aus dieser Vorarbeit ergab sich eine Jugendfahrt im Jahre 2014, in der auch Marianne und ich den Stephen als einen weltoffenen, freundlichen und weit vernetzten Menschen mit großen Einfluss nicht nur im Bereich der örtlichen Schulen kennen lernten. Aufgrund unserer durchwegs positiven Erfahrungen mit ihm schloss sich im Jahr 2016 eine weitere Jugendfahrt an. Wir verbrachten jeweils 2 Wochen bei ihm und in dem von ihm bereitgestellten Unterkünften und beteiligten uns vor Ort an verschiedenen Schulprojekten. Die dritte Woche machten wir Urlaub in Tanzania. Im Jahr 2018 besuchte uns der Stephen in Köln. Bedingt durch eine Unfallverletzung verlängerte sich sein Aufenthalt von geplant bis Weihnachten, bis einschließlich Karneval. In dieser Zeit hörte ich trotz seiner misslichen Lage mit gebrochenem Fuß keine Klagen sondern erlebte ihn in durchwegs guter Stimmung. Ihm gehe es doch hier gut und es fehle im an nichts, so sein zusammengefasster Kommentar. In unserem „offenem Haus“ wurde er oft von vielen Menschen besucht, auch von Menschen, die ihn dann später in Tanzania besuchten.
Im laufe der Zeit formierte sich nicht zuletzt aus diesem Personenkreis der Verein „EliOra Tanzania - Hand in Hand“. Mit diesem Verein war für dieses Jahr ein Besuch im Oktober angedacht, bei dem ich gerne mitfahren wollte, da ich dachte, dass ich bei dieser Tour den Stephen wohl das letzte Mal lebend antreffen würde weil ich weiß, dass wir nicht jedes Jahr in Tanzania sind und er umgekehrt auch nicht jedes Jahr in Deutschland ist. Dann kam das völlig unerwartete. Am 21.11.2024 schickte Emanuel, der oft für den Stephen Fahrdienste ausführte Marianne eine Whats app Nachricht: "Stephen Moshi died". Auf Grund unserer Verbundenheit mit ihm kamen Marianne und ich schnell zu dem Schluss, eine Trauerkarte mit Geld zu schicken reicht nicht und so suchten wir nach Flügen. Auf direkten Weg über die Flugbörse brachte mir keine brauchbaren Ergebnisse aber Marianne fand über booking com eine Möglichkeit über Addis Ababa und Zansibar noch vor der Beerdigung Mashati zu erreichen.
Wir landeten auf dem Kilimanjaro international Airport in Arusha und Emanuel wartete bereits auf uns. Wir wurden zur Down Street Lodge, einer neuen Gästeunterkunft in Mashati gefahren. Nach dem „frisch machen“ erreichten wir nach kurzem Fußweg das so aufwändig geschmückte Gelände und Haus von Stephen, dass ich es auf dem ersten Blick erst gar nicht richtig einordnete. Der Raum, in dem Stephens Sarg aufgebahrt war, war der Raum, in dem wir Jahre zuvor mit den Jugendlichen und Stephen schön gefeiert und Spaß hatten. An diesem Abend war alles anders. Zwei Töchter von Stephen und seiner Frau waren aus den USA angereist, die dritte passte auf die Kinder zu Hause auf. Seine Frau, die von ihm getrennt lebte aber nicht geschieden war, wohnte jetzt im Haus und auch seine Haushaltshilfe mit ihrem Sohn „Good Luck“ waren unter anderen anwesend. Emanuel stellte uns noch viele weiter Anwesende vor.

Stephen unterstützte viele Schulen im Umkreis und so nahmen auch alle Schulleiter der Schulen, welche auch von unserem Verein EliOra mit unterstützt werden an den Trauerfeierlichkeiten teil. Wie wir hörten, war, nach dem Stephen ins Krankenhaus kam, auch immer jemand von den Schulleitern an seiner Seite. Mit seinem Tod hatte eigentlich keiner gerechnet aber nichts desto trotz organisierten viele Menschen in kürzester Zeit quasi ein Staatsbegräbnis. Die Schulen schickten ihre Schüler für die Vorbereitungen zu Stephens Grundstück und beteiligten sich vom Reinigen der eiligst angeschafften Bestuhlung über die Vorbereitungen des Essens reinigen und aufräumen und ausschmücken des Geländes und vieles mehr. Neben den Schulleitern war auch der Kulturminister von Tanzania zugegen, ebenso Polizei und weitere öffentliche Einrichtungen. Die Familie und nahestehende hielten Nachtwache und am nächsten Tag begann die Beerdigung mit Gebeten im Haus und der Überführung des Sarges in die Kirche. Als wir vor der Kirche ankamen, stand der Platz schon voll mit Menschen.
Die Feierlichkeit in der Kirche begann um 10:00 h und endete um 16:00 h. Die Ansprachen waren in Kisuaheli gehalten und Marianne hielt eine Rede auf Englisch, die vor Ort übersetzt wurde. In der Zeit hatten viele Menschen, so auch Marianne und ich, die Möglichkeit uns am offenen Sarg von Stephen zu verabschieden.

Über die Zeit kam es in der Kirche auch schon Mal zu Stromausfall, in dem das Mikrophon verstummte, der Chor aber gut darüber hinweg improvisierte. Danach ging der Trauerzug wieder zurück zu Stephen sein Grundstück, wo er zwischen seinem Haus und dem Hundezwinger seine letzte Ruhe fand. Sein Grab ist nicht einfach ein Loch im Erdreich sondern ein betoniertes und gefliestes Mausoleum. Es gab nur wenige Menschen, darunter auch Marianne und ich, die Erde auf den Sarg werfen durften. Als „German“ wurde uns dadurch in der Zeit auch eine große Hochachtung zu Teil (mit Ausnahme der dort tätigen von American Peace Corps und einem Israel -Aron- waren wir auch die einzigen weißen, die auch die Außenwirkung von Stephen sein wirken für die Schulen und damit auch für die Region unterstrichen).
Nach der Beerdigung kamen Marianne und ich noch mit verschiedenen Schulleitern und Schulleiterin zusammen und vereinbarten für den nächsten Tag ein treffen mit den Schulleitern der Schulen, die von EliOra unterstützt werden.
Am Abend gab es für die Organisatoren der Beerdigung noch einen Rückblick über die Organisation. Natürlich konnten wir über Kisuaheli nichts verstehen aber Zusam- menfassungen wurden uns in Englisch übersetzt. In der Lodge konnten wir gut übernachten und uns mit Martin, dem Chef, wegen einer möglichen Unterkunft für unsere Gruppe im Oktober ansprechen. Am nächsten Tag fand das Treffen statt und die Schulleitungen erklärten uns ihre Vorstellungen für die Zukunft ihrer Schulen. Anschließend besuchten wir noch eine Schule und das Huruma-Health- Institut. Dort werden nicht nur Krankenpfleger / schwestern sondern auch „kleine“ Ärzte und Sozialarbeiter ausgebildet. Wir wurden von einer der Schwestern durch die Klassenzimmer geführt und konnten sehen, was auf dem Gelände angebaut wird. In dem Institut gib auch unsere Kassiererin Britt Hornei mehrmals im Jahr Unterricht. Am nächsten Tag stand schon wieder unsere Abreise auf dem Programm und Emanuel fuhr uns zeitig zum Kilimajaro International Airport wo wir uns noch mit Jaspar aus dem Ranger-Projekt Nielimishe verabredet hatten. Dort angekommen trafen wir ihn auch pünktlich auf dem Parkplatz. Als er unser Ticket sah, war im sofort klar, dass wir uns auf dem falschen Flughafen befinden, sicherheitshalber vergewisserten wir uns am Schalter über den Irrtum und so fuhren wir mit ihm und seinem Begleiter noch rund 2 Stunden um Moshi herum um noch rechtzeitig den richtigen Flughafen zu erreichen. Wir hatten Glück, der Flieger hatte Verspätung. Die Zeit im Auto nutzten wir für unser Gespräch über unser Treffen in Deutschland und die weiteren Vorstellungen des Projektes für die Zukunft. Wir verstanden dabei den Hintergrund seiner damaligen Aussage von Angestellten in seinem Verein. Da wollten nur Leute einsteigen, die damit auch Geld verdienen könnten. Da dem nicht so ist, ist er nun nur noch zu zweit und mit Britt zu dritt dabei. Vielleicht finden sich noch weiter Anhänger im Laufe der Zeit. Zum Schluss ging alles ganz schnell, so dass wir nur noch auf das Einchecken für den Flug konzentrierten und uns nicht einmal richtig von den beiden verabschiedeten. Mit Hektik aber auch mit Unterstützung des Bodenpersonals konnten wir unser Gepäck in Dar es Salam erst auschecken und eiligst den anderen Terminal des Flughafens erreichen. Wir standen aber auch nicht als einzige Fluggäste unter dem Stress. Das Umsteigen in Addis Ababa war dann deutlich entspannter und so kamen wir wieder gut zu Hause an.